Der Point‑of‑Care-Ultraschall wird zunehmend zu einem wichtigen Verfahren, das vom Personal der Rettungsdienste auf der ganzen Welt genutzt wird, so auch in Deutschland, wo jetzt mehr und mehr Rettungswagen und Notarzteinsatzfahrzeuge mit Point‑of‑Care-Geräten ausgestattet werden. Torsten Müller, der ärztliche Leiter des Rettungsdienstes für die Stadt und den Landkreis Kassel, erklärt, warum Ultraschall-Systeme für Notfallärzte in seiner Organisation so wichtig sind.
Die Rettungsdienstorganisationen für die hessische Stadt und Landkreis Kassel versorgen mehr als 435.000 Einwohner, indem sie in einem Bereich von mehr als 1.300 Quadratkilometern auf Notfälle reagiert und entsprechende Hilfe leistet. Torsten Müller, der ärztliche Leiter des Rettungsdienstes, ist für viele Aspekte der präklinischen Versorgung verantwortlich, die von der Organisation der Notrufe und der Erstellung medizinischer Protokolle über die Ausstattung der Fahrzeuge mit medizinisch-technischer Ausrüstung und Medikamenten bis hin zum Umgang mit Beschwerden und zur Qualitätskontrolle reichen. Außerdem verbringt er 40 Prozent seiner Zeit als Oberarzt für Anästhesiologie am Klinikum Kassel, dem Großkrankenhaus der Stadt.
Der Rettungsdienst hat zurzeit 65 Rettungswagen und einen Hubschrauber im Einsatz sowie sechs Notarztwagen, die vor Kurzem mit Sonosite iViz Point‑of‑Care-Ultraschallsystemen von FUJIFILM Sonosite ausgestattet wurden. Dr. Müller erläuterte: „Wir richten uns nach nationalen Leitlinien, die empfehlen, welche Notfälle die Versorgung durch einen Arzt benötigen – wie zum Beispiel Herzanfälle, Reanimationen und schwere Verkehrsunfälle – und welche durch nicht-ärztliche Teams versorgt werden können. Anfang 2017 entschieden wir, die gesamte Flotte unserer Notarztwagen mit Point‑of‑Care-Ultraschallsystemen auszustatten, nachdem wir eins für einige Monate getestet hatten.“
Des Weiteren beschrieb Dr. Müller die Situationen, in denen Ultraschall am hilfreichsten ist: „Grundsätzlich können Sie Ultraschall bei fast jedem Patienten einsetzen, um sich einen schnellen Überblick über seinen Zustand zu verschaffen. Bei Verkehrsunfällen führen wir häufig FAST-Untersuchungen durch, d. h., wir schallen den Bauch, um zu prüfen, ob freie Flüssigkeit oder eine innere Blutung vorliegt. Aber auch der Herzultraschall ist für uns eine sehr wichtige Anwendung. Viele Patienten haben allgemeine medizinische Komplikationen, wie z. B. eine Herz-Kreislauf-Erkrankung, und Ultraschalluntersuchungen helfen uns sehr dabei, uns ein Gesamtbild zu machen. Wir können die Grundfunktionen des Herzens und der Herzklappen prüfen – eine detaillierte Untersuchung, wie sie der Kardiologe vornimmt, ist im Notfall nicht erforderlich – sowie die Lunge untersuchen und besonders auf Pneumothorax, Atelektase, Lungenödem oder Pleuraergüsse achten.“
Die Anforderungen an ein Ultraschall-System im Notfallbereich sind ganz andere als jene an große fahrbare Geräte in radiologischen Abteilungen von Krankenhäusern, wie Dr. Müller erklärte: „Wir können nicht mit einem Gerätewagen umherziehen; wir brauchen kleine, tragbare Systeme, die in Reisetaschen oder Rucksäcke passen. Sie müssen auch schnell startklar sein – wir haben nicht die Zeit, um fünf Minuten zu warten wie bei den großen Geräten im Krankenhaus. Außerdem müssen sie einfach, benutzerfreundlich und auch robust sein, damit sie nicht zerbrechen, wenn sie gelegentlich umgeworfen oder fallengelassen werden. Das sind die Grundanforderungen. Darüber hinaus müssen sie Ultraschallsonden haben, die für die uns wichtigen Scans geeignet sind – für Herz, Lunge, Bauch usw. Der iViz erfüllt genau diese Kriterien.“
Die meisten Notärzte, die für den Rettungsdienst Kassel arbeiten, sind Anästhesisten, die auch in Krankenhäusern tätig sind, und einige, aber nicht alle, führen täglich Ultraschalluntersuchungen durch. Dr. Müller fügte hinzu: „Ultraschall ist eine Technik, die am Anfang etwas Übung erfordert, aber wenn Sie jeden Patienten, den Sie sehen, damit untersuchen, können Sie schon bald auf Ihre Erfahrung bauen. Einige meiner Kollegen sind noch dabei, die Technik zu erlernen und besuchen Kurse, um mit ihr und ihren Vorteilen vertraut zu werden. Da ich mich aber mit Ultraschall gut auskenne, sehe ich jetzt schon weitere Situationen, in denen uns diese Technik in Zukunft helfen könnte. Zum Beispiel verwenden Anästhesisten regelmäßig Ultraschall als Orientierungshilfe bei der Regionalanästhesie für Blockaden der oberen Extremitäten. Ich kann mir gut vorstellen, wie diese Technik die intravenöse Schmerzlinderung im Notfall ersetzen könnte, wie zum Beispiel die selektive Betäubung der Nervenversorgung zum Einrenken einer ausgekugelten Schulter. Es ist sehr leicht, mit dem iViz-System alle betroffenen Nerven und Gefäße zu sehen.“
Dr. Müller bemerkte abschließend: „Ich bin überzeugt, dass die Anwendung des Point‑of‑Care Ultraschalls in unserem Rettungsdienst ein Erfolg sein wird. Ich rechne fest damit, dass in 10 Jahren alle Notarztwagen ähnliche Systeme an Bord haben werden, weil die Informationen, die sie liefern, so bedeutend sind, dass keiner sie mehr missen möchte.“