POCUS Profile: Dr. Torsten Müller

Der Point-of-Care-Ultraschall (POCUS) wird auch in Deutschland zunehmend zu einem wichtigen Verfahren für Rettungsdienstmitarbeiter. Mehr und mehr Rettungswagen und Notarzteinsatzfahrzeuge werden zurzeit mit Point-of-Care-Geräten ausgestattet. Dr. Torsten Müller verantwortet als ärztlicher Leiter im Rettungsdienstbereich Kassel die präklinische Versorgung für eine Organisation, die derzeit 65 Rettungswagen, einen Helikopter und sechs Notarztwagen einsetzt, die kürzlich mit FUJIFILM Sonosite iViz-Systemen ausgestattet wurden.Dr. Müller ist ausserdem in Teilzeit als Anästhesist am Klinikum Kassel tätig, einem der Krankenhäuser in der Region.

In diesem Interview erklärt Dr. Müller die wichtigsten Funktionen eines Point-of-Care-Ultraschallgeräts und teilt mit uns seine Sicht zum aktuellen Stand der Ultraschall-Ausbildung sowie zur Zukunft des Point-of-Care-Ultraschalls.

 

Was sind Ihrer Erfahrung nach die häufigsten Anwendungsgebiete von tragbaren Ultraschallgeräten in der präklinischen Notfallmedizin?

Grundsätzlich können Sie Ultraschall bei fast jedem Patienten einsetzen, um sich einen schnellen Überblick über seinen Zustand zu verschaffen. Bei Verkehrsunfällen führen wir häufig FAST-Untersuchungen durch, d. h. wir schallen den Bauch, um zu prüfen, ob freie Flüssigkeit oder eine innere Blutung vorliegt. Aber auch der Herzultraschall ist für uns eine sehr wichtige Anwendung. Viele Patienten haben […] eine Herz-Kreislauf-Erkrankung, und Ultraschalluntersuchungen helfen uns sehr dabei, uns ein Gesamtbild zu machen. Wir können die Grundfunktionen des Herzens und der Herzklappen prüfen […] sowie die Lunge untersuchen und besonders auf Pneumothorax, Atelektase, Lungenödem oder Pleuraergüsse achten.

Die Anforderungen an ein Ultraschallsystem im Notfallbereich sind ganz andere als jene an große fahrbare Geräte in radiologischen Abteilungen von Krankenhäusern. Dr. Müller erklärt uns die wichtigsten Unterschiede zwischen traditionellen Ultraschallgeräten und den POCUS-Systemen, die er und seine Kollegen im Einsatz verwenden:

  • Wir können nicht mit einem Gerätewagen umherziehen; wir brauchen kleine, tragbare Systeme, die in Reisetaschen oder Rucksäcke passen.
  • Sie müssen auch schnell startklar sein – wir haben nicht die Zeit, um fünf Minuten zu warten wie bei den großen Geräten im Krankenhaus.
  • Ultraschallsysteme müssen einfach und benutzerfreundlich sein. Die Gesundheit der Patienten muss immer im Mittelpunkt stehen. Wir haben keine Zeit, uns mit komplizierten Einstellungen oder verwirrenden Anleitungen abzugeben.
  • Außerdem müssen sie auch robust sein, damit sie nicht beschädigt werden, wenn sie gelegentlich umgeworfen oder fallengelassen werden.
  • Darüber hinaus müssen sie Ultraschallsonden haben, die für die uns wichtigen Scans geeignet sind – wie FAST-Untersuchungen.

Die meisten Notärzte, die für den Rettungsdienst Kassel arbeiten, sind wie Dr. Müller Anästhesisten, die auch in Krankenhäusern tätig sind, und einige, aber nicht alle, führen täglich Ultraschalluntersuchungen durch.

 

Ist es schwer, anfänglich die nötigen Fähigkeiten zu erlernen, die für die Arbeit mit tragbaren Ultraschallsystemen notwendig sind?

Ultraschall ist eine Technik, die am Anfang etwas Übung erfordert, aber wenn Sie jeden Patienten, den Sie sehen, damit untersuchen, können Sie schon bald auf Ihre Erfahrung bauen. Einige meiner Kollegen sind noch dabei, die Technik zu erlernen und besuchen Kurse, um mit ihr und ihren Vorteilen vertraut zu werden.

 

Wie sehen Sie die Zukunft von tragbarem Ultraschall?

Da ich mich mit Ultraschall gut auskenne, sehe ich jetzt schon weitere Situationen, in denen uns diese Technik in Zukunft helfen könnte. Zum Beispiel verwenden Anästhesisten regelmäßig Ultraschall als Orientierungshilfe bei der Regionalanästhesie für Blockaden der oberen Extremitäten. Ich kann mir gut vorstellen, wie diese Technik die intravenöse Schmerzlinderung im Notfall ersetzen könnte, wie zum Beispiel die selektive Betäubung der Nervenversorgung zum Einrenken einer ausgekugelten Schulter. Es ist sehr leicht, mit dem iViz-System alle betroffenen Nerven und Gefäße zu sehen. Ich rechne fest damit, dass in 10 Jahren alle Notarztwagen ähnliche Systeme an Bord haben werden, weil die Informationen, die sie liefern, so bedeutend sind, dass keiner sie mehr missen möchte.

 

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