Im Bereich der Notfallmedizin spielt Point-of-Care Ultraschall eine wichtige Rolle. POCUS ermöglicht Klinikpersonal und Sanitätern, den Gesundheitszustand eines Notfallpatienten schnell zu beurteilen. Dr. Matthew Reed, Facharzt für Notfallmedizin am Royal Infirmary of Edinburgh, erklärt, wie Ultraschalluntersuchungen bei der Behandlung von Herzstillständen eingesetzt werden:

„Mein Interesse am Ultraschall begann vor mehr als zehn Jahren, als ich im Zuge meiner klinischen Fachausbildung in Edinburgh das australische Royal North Shore Hospital in Sydney besuchte. Zu der Zeit benutzten wir in Edinburgh noch keinen Ultraschall. Selbst in Notaufnahmen begann man gerade erst, diese Technik einzusetzen. Es gab auch noch kein Schulungsprogramm, das von Hochschulen anerkannt wäre.

Ganz anders sah es in Sydney aus: Notfallmediziner und Intensivpflegepersonal nutzten hier bereits Ultraschall für FAST-Untersuchungen bei Traumapatienten und für Gefäßzugänge. Während meines Aufenthalts dort absolvierte ich eine entsprechende Level-1-Schulung. Zurück in Schottland arbeitete ich gelegentlich mit Radiologen, um die gelernten Ultraschallfähigkeiten nicht zu verlieren, und absolvierte außerdem einen weiteren Kurs, um mein Wissen aufzufrischen.

Als ich 2007 zum Consultant wurde, übernahm ich auch die Leitung im Bereich der Ultraschalluntersuchung. Gleichzeitig investierte unsere Notaufnahme in ein eigenes Sonosite-System als Ergänzung der vorhandenen Systeme in der Radiologie und Intensivpflege. Die Robustheit des Systems war ein großer Vorteil für den Einsatz in der Notaufnahme. Ein weiterer Pluspunkt war, dass unsere Radiologen und Intensivmediziner sich bereits mit dem System auskannten und es so gleich bei der Untersuchung von Patienten in der Notaufnahme einsetzen konnten. Heute verfügen bereits 60 unserer Klinikärzte über eine Level-1-Ausbildung in der Verwendung von Ultraschall. 20 weitere Ärzte befinden sich gerade in der Ausbildung. Die durchschnittliche Anzahl an Scans in einem typischen Monat ist von zehn auf 80 bis 100 gestiegen. Auch die Anwendungsgebiete sind vielfacher geworden: FAST, Gefäßzugänge, Nervenblockaden, Lokalisierung von Fremdkörpern, Gelenkpunktionen, Suche nach Bauchaortenaneurysmen und Herz-Sonogramme.Wir haben im Jahr rund 200 Herzstillstände. Da das gesamte Notaufnahmepersonal Herzultraschalluntersuchungen durchführen kann, wird fast jeder dieser Patienten einer solchen Untersuchung unterzogen. Dies kann für die Behandlung von Herzstillständen von Vorteil sein. Zurzeit erhalten alle Patienten, bei denen kein Puls, jedoch ein elektrischer Rhythmus festgestellt werden kann, die gleiche Behandlung. Wir wissen jedoch, dass die Prognose für Patienten mit Herzschlag besser ist als für Patienten mit Herzstillstand.

Ultraschalluntersuchungen unterstützen die Behandelnden auf verschiedene Arten: Sie helfen herauszufinden, ob bei einem Patienten auch nach extensiven Wiederbelebungsmaßnahmen weiterhin ein Herzstillstand festzustellen ist; sie helfen Pathologien zu erkennen (z.B. Herzbeuteltamponaden oder Kammerflimmern), die auf dem EKG nicht erkennbar waren; sie helfen bei der Wahl der Behandlungsmethode – beispielsweise die Öffnung einer Koronararterie im Katheterlabor; eine aggressive Behandlung alternativer Ursachen des Herzstillstandes, oder eine ECMO.

Ich war außerdem Mitbegründer der Emergency Medicine Research Group Edinburgh (EMERGE), welche gemeinsam mit der Resuscitation Rapid Response Unit (3RU) in der Paramedic Ultrasound in Cardiac Arrest (PUCA)-Studie die potenziellen Einsatzmöglichkeiten von Point-of-Care Ultraschall für die notfallmedizinische Beurteilung von Patienten mit Herzstillstand erforschte. Das 3RU-Team setzt sich aus Sanitätern zusammen, die speziell in der Ausführung lebenserhaltender Maßnahmen geschult sind, die weiterführende Ausbildungen in der fortgeschrittenen Behandlung von Herzstillständen erhalten haben und bevorzugt zu diesen Notfällen geschickt werden.

Im Rahmen der PUCA-Studie – finanziert durch das Resuscitation Council (UK) und Chest, Heart and Stroke Scotland – wurde das 3RU-Team in der Echokardiografie geschult. Dabei lernten die Mitglieder, wie die Ab- oder Anwesenheit von Herzbewegungen bei Patienten festgestellt werden kann, und wie die Qualität der Kontraktionen, ein anormaler Rhythmus oder Flüssigkeit um das Herz erkannt werden können.

Nach dieser Schulung wurden die Sanitäter weiterhin bei der Verwendung von Ultraschall zwecks Beurteilung von Herzstillständen überwacht. Ihre Scans wurden so lange aufgezeichnet und geprüft, bis das Team ausreichend praktische Fähigkeiten erlangt hatte, um den Praxistest zu bestehen. Danach konnte jeder alleine Ultraschalluntersuchungen an Patienten vornehmen, und die Behandlungsmöglichkeiten in Echtzeit mit Notfallmedizinern im Krankenhaus besprechen, um schnellstmöglich den besten Behandlungsweg zu bestimmen.

Nach Abschluss der Studie entwickelten wir einen Algorithmus zur Einbindung von Point-of-Care Ultraschall in der Behandlung von Herzstillständen in der präklinischen Notfallmedizin. Wir hoffen sehr, dass dieser in Zukunft zu einem neuen Behandlungsstandard wird. Während wir noch auf Zulassung des Scottish Ambulance Service warten, besuchen unsere Sanitäter auch weiterhin Schulungen und halten ihre praktischen Ultraschallfähigkeiten durch regelmäßiges Üben auf dem neuesten Stand. Die Einführung präklinischer Ultraschalluntersuchungen als Ergänzung zur Behandlung in der Notaufnahme wird dabei helfen, die Versorgung von Patienten mit Herzstillständen zu optimieren.

* Matthew J. Reed, Louise Gibson, Alistair Dewar, Steven Short, Polly Black, Gareth R. Clegg. Introduction of paramedic led Echo in Life Support into the pre-hospital environment: The PUCA study. Resuscitation. In press. http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0300957216304518

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